ÖNORM B 2110, Baudokumentation: Bautagesberichte und Dokumentation
Bautagesberichte und Dokumentation der Bauleistung
Die Bauwirtschafts- und Bauvertragsserie
- Bauvertrags und Nachtragsmanagement (2023)
- (Keine) Mehrkostenforderungen beim Bauvertrag (2021)
- Baukalkulation, Kostenrechnung und ÖNORM B 2061 (2020)
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Wie der Name schon sagt: Der Bautagesbericht (BTB) ist das Tagebuch des bauausführenden Unternehmers. Es werden darin alle relevanten Zustände und Ereignisse festgehalten.
Den Bautagesbericht führt der Bauunternehmer. Der Auftraggeber (AG) kann ihm die Dokumentation des Baugeschehens nicht verwehren.
Die Aufzeichnungen sind, wenn sie dem Vertragspartner (dem AG) übermittelt werden, Wissenserklärungen. Erhält der AG Wissenserklärungen, sollte, ist aus seiner Sicht eine Eintragung unrichtig, zeitnahe dagegen eingesprochen werden. Anderenfalls liegt später die Beweislast, dass eine unbeeinsprucht gebliebene Eintragung unrichtig ist, bei ihm.
Die ÖNORM B 2110 sieht Vorgaben an das Führen von Bautagesberichten vor:
Das Führen von Bautagesberichten muss nicht gesondert vertraglich vereinbart sein. Alleine mit Vereinbarung der ÖNORM B 2110 gelten die Rechte und Pflichten, die sich aus der Führung von Bautagesberichten ergeben (ÖNORM B 2110:2013 Abschnitt 6.2.7.2.3).
Die ÖNORM B 2110 sieht eine Übergabe bzw Übermittlung der Bautagesberichte nach spätestens 14 Tagen vor. Der AN wird dann eine kürzere als die vierzehntägige Frist wählen, wenn es sich um Feststellungen handelt, die später nicht mehr nachvollzogen werden können bzw wenn in den Bautagesberichten mündlich vorgebrachte Hinweise, Anordnungen oder Vereinbarungen schriftlich festgehalten werden, die einer ehesten schriftlichen Dokumentation bedürfen. Es sollte daher kein übergebener bzw übermittelter Bautagesbericht älter als 14 Tage sein. Der Übergeber sollte den Nachweis erbringen können, tatsächlich die Berichte übergeben zu haben.
Die Einspruchsfrist beträgt ebenfalls 14 Tage und beginnt ab dem Tag der Übergabe bzw bei Postversand ab den Tag des Einlangens. Persönliche Übergabe ist nicht erforderlich.
Standardmäßig sind in den Bautagesberichten folgende Tatsachen einzutragen:
Arbeitskräfte: Anzahl der auf der Baustelle eingesetzten (anwesenden) Arbeitskräfte; eine Trennung in dispositives und produktives Personal reicht aus, Beschäftigungsgruppen müssen keine angegeben werden. Die Berichte der Subunternehmer können den eigenen Bautagesberichten angeschlossen werde, dann erübrigen sich weitere Angaben zu den Subunternehmern und deren Leistungserbringung.
Arbeitszeit: Arbeitsbeginn und Arbeitsende
Witterungsverhältnisse: Insbesondere wenn die Witterung einen Einfluss auf die Leistungserbringung (Produktivität) hat wie insbesondere Temperatur, Niederschlag, Feuchte, Schneeverhältnisse und die Auswirkungen daraus wie Saugen von Wasser, Schneeräumung, schlechte Befahrbarkeit der Baustraßen, Auswirkungen auf gelagertes Material, Vorwärmen, zusätzliche Pausen wegen der Temperatur, Einschränkungen des Kranbetriebes wegen Wind usw vorliegen.
Geräteeinsatz: Angabe des Einsatzes von Großgeräten.
Materiallieferungen: Angabe wesentlicher Materialanlieferungen
Leistungserbringung: Die erbrachte Leistung samt Angabe des Leistungsortes (zB Stockwerk, Bereich, Achsen udgl) ist anzugeben. Gegebenenfalls mit Arbeitspartien (Anzahl der tätigen Arbeitskräfte bei den dokumentierten Teilleistungen angegeben)
Besondere Vorkommnisse: Zusätzlich sind alle Umstände zu vermerken, die für die Vertragsabwicklung von Bedeutung sind. In Bezug auf Leistungsstörungen können das sein: Fehlende Vorleistungen und Auswirkung auf die Produktionsfaktoren wie Wartezeit, Umschichten des Personals (zu anderen Leistungen aber gleiche Baustelle oder Abzug zu anderen Baustellen), ungeplanter Wechsel des Arbeitsplatzes, zurücklassen unfertiger Leistungen (die später fertiggestellt werden müssen; Kleinteiligkeit) usw.
Güte- und Funktionsprüfungen: Alle durchgeführten Prüfungen sind zu vermerken.
Regieleistungen: Regieleistungen können in den Bautagesberichten erfasst werden (Regieauftrag, Art der Leistung, eingesetzte Produktionsmittel sowie Zeit bzw Mengenaufwand); in der Regel werden aber sinnvoller Weise eigene Regieberichte geführt.
Optionale Fotos: Sinnvoll ist es, schriftlich beschriebene Zustände auch fotografisch festzuhalten.
Optionale Störungsdokumentation: Ergeben sich Bauablaufstörungen kann neben den Bautagesberichten auch eine eigene Sonderdokumentation verfasst werden.
Häufig gestellte Fragen:
Wer schreibt Bautagesberichte? Qualifizierte Mitarbeiter des Bauunternehmers verfassen die Bautagesberichte. Sie sind zeitnahe – grundsätzlich täglich – zu führen und nach der ÖNORM B 2110 innerhalb von 14 Tagen nach dem dokumentierten Tag dem AG zu übermitteln.
Sind Bautagesberichte Pflicht? Nein; das Führen ist keine rechtliche Verpflichtung sondern als Obliegenheit (nicht einklagbare Pflicht) einzustufen. Der Bauunternehmer führt Bautagesberichte im Eigeninteresse, führt er keine stellt er sich schlechter. Mit Bautagesberichten können ein gestörter Bauablauf (Bauablaufstörungen) belegt werden oder sie können dem Freibeweis von bei aufgetretenen Bauschäden dienen (daher sind die Angaben zum Arbeitsort auch wichtig).
Kann der Bauherr auch Eintragungen im Bautagesbericht machen? Ja. Der Auftraggeber kann und soll auch aus seiner Sicht unrichtigen Eintragungen wiedersprechen. Das kann durch Anmerkungen im Bautagesbericht erfolgen. Er darf aber nicht Eintragungen des Bauunternehmers streichen (durchstreichen, auslöschen odgl), sondern er soll sie kommentieren und damit aus seiner Sicht richtig stellen. Im Falle eines Einspruches des Auftraggebers ist umgehend eine einvernehmliche Klarstellung der beeinspruchten Eintragungen anzustreben.
Wie wird ein Bautagesbericht geführt? Der Bautagesbericht kann handschriftlich oder auch maschinell geführt werden. Jedenfalls sollte Name und Unterschrift der Person die die Eintragungen vorgenommen hat am Bericht aufscheinen.
Wie wird eine Leistungsstörung (Behinderung) der Bauabwicklung dokumentiert?
Wichtig zu wissen ist, dass der Unternehmer (AN) für den Beweis einer Abweichung vom SOLL (auch vom redlich Erwartbarem) zuständig ist. Daher sind alle Umstände die zu einem unerwartbaren Produktivitätsverlust führen penibel zu verzeichnen. Darunter falle etwa: Wartezeiten (zB wegen Entscheidungsverzögerungen, fehlende (blockierte) Zugangsmöglichkeit zur Arbeitsstelle, fehlende Vorleistungen und daher zurückgelassene eigene Leistungen, unplanmäßiges Springen, weil die (erwartbare) kontinuierliche Leistungserbringung nicht möglich ist usw.
Aufzuzeichnen sind (1) die Umstände und (2) die Auswirkungen auf die Produktionsfaktoren (Beschäftigte, Anzahl, Dauer (zB von unplanmäßigem Arbeitsplatzwechsel), Erledigung ursprünglich (unplanmäßig) zurückgelassener Arbeiten (wegen der Kleinteiligkeit mit geringerer Produktivität) usw.
Sinnvoll ist es, im Rahmen der Dokumentation die Leistungserbringung örtlich einzuorten (zB Bauteil – Stockwerk – Bereiche). Damit werden Soll-Ist-Vergleiche erst konkret möglich (Auszug aus dem Buch Bauvertrags- und Nachtragsmanagement):
Für den Nachweis der Umstände (die fehlende Vorleistung, der geänderte oder verspätet eingelangter Plan) muss der AN den Vollbeweis antreten, für die Auswirkungen (zB Höhe des Produktivitätsverlustes) sind gewisse Beweiserleichterungen möglich.
Ausführungen zur Dokumentation der Leistungserbringung und zum Bautagesbericht siehe auch in (Keine) Mehrkostenforderungen beim Bauvertrag:
14 DOKUMENTATION
14.1 Wissenserklärung und Willenserklärung
14.2 Warum Dokumentation?
14.3 Dokumentationsmittel
14.4 Gemeinsame Dokumentation
14.5 Dokumentation bei Störung der Leistungserbringung (Einzelnachweisdokumentation)
14.6 Kosten der Dokumentation
Beispiel 14.1: Willenserklärung und Wissenserklärung
Beispiel 14.2: Dokumentation schafft Beweisurkunden
Beispiel 14.3: Beispiele für Eintragungen in Bautagesberichte im Zusammenhang mit Behinderungen
Beispiel 14.4: Handschriftliche gegenüber maschinell geführten internen Mitschriften
Beispiel 14.5: Einspruch gegen eine Baubesprechungseintragung
Beispiel 14.6: Gemeinsame Dokumentation
Beispiel 14.7: Spezielle Dokumentation einer Behinderung (1)
Beispiel 14.8: Spezielle Dokumentation einer Behinderung (2)
Beitrag vom 19.01.2022 / ergänzt 15.12.2023
Quicklinks
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